Videobasierte Beratung und Multifamilientherapie – zwei starke Partnerinnen in der Kinder- und Jugendhilfe
Du fragst dich, wie man die Arbeit mit Familien wirksam, beziehungsfördernd und zukunftsweisend gestalten kann? Die Antwort liegt in der Verbindung der Videobasierten Beratung (VHT) und der Multifamilientherapie (MFT).
Diese Kooperation vereint die individuelle Sichtbarkeit und Selbstwirksamkeit mit der Kraft der Gruppe, wodurch Familien verstärkt die Möglichkeit erhalten, ihre Ressourcen zu entdecken und gemeinsam Lösungen zu entwickeln.
Das verbindende Fundament
VHT und MFT passen in ihrer pädagogischen Haltung sehr gut zusammen. Das Verbindende liegt in der systemischen, ressourcen- und lösungsorientierten Ausrichtung sowie einer wertschätzenden und respektvollen Grundhaltung. Beide Methoden gehen davon aus, dass Veränderungen durch die Aktivierung vorhandener Ressourcen und die Förderung der Selbstwirksamkeit möglich sind.
Die Stärken im Überblick
- VHT: Diese Methode zur Beziehungsgestaltung basiert auf der Mikroanalyse kurz ausgewählter Video-Sequenzen alltäglicher Interaktionen. Der Fokus liegt konsequent auf gelungenen Kontaktmomenten, um die Kompetenzen der Familien sichtbar zu machen. Dieses kleinschrittige Vorgehen – basierend auf Prinzipien wie Blickkontakt und positives Leiten – unterstützt Familien dabei, neue Handlungsoptionen zu entwickeln.
- MFT: Hierbei arbeiten sechs bis acht Familien gleichzeitig an ähnlichen Fragestellungen (z. B. Erziehung, Kinderschutz oder Rückführung). Familien erleben sich als Expert:innen für ihre eigene Situation und beraten sich gegenseitig. Die Trainer:innen fungieren als Kontextmanager:innen; sie geben keine Lösungen vor, da die Verantwortung bei den Familien liegt.
So funktioniert die Kooperation in der Praxis
Der gezielte Einsatz von VHT-Prinzipien im Rahmen der MFT-Gruppenarbeit optimiert die Lernprozesse. Durch die gemeinsame Reflexion aufgenommener Videosequenzen können Familien ihre Verhaltensweisen aus einer neuen Perspektive erkennen. Die Rückmeldungen der anderen Familien in der MFT-Gruppe wirken dabei ermutigend und unterstützen die Bereitschaft, auch schwierige familiäre Situationen anzugehen.
Wichtig: Ein großer anfänglicher Stolperstein ist die Angst der Familien vor dem Hilfsangebot, insbesondere vor dem Einsatz der Kamera. Um diese Vorbehalte zu nehmen und Hoffnung zu wecken, wird während des Aufnahmeverfahrens oft ein Gespräch mit einer Expertinnen- oder Expertenfamilie angeboten, die authentisch von ihren positiven Erfahrungen berichten kann.
Die Arbeit mit dieser kombinierten Methodik, die unter anderem in der Ev.-luth. Jugendhilfe Bockenem e. V. und im Albert-Schweitzer-Kinderdorf Hessen e. V. erfolgreich angewendet wird, ist nachhaltig wirksam und trägt zur Verkürzung der Hilfen bei.
Die Autoren Thomas Harms-Maier und Christian Scharfe sind nicht nur aktive VHT-Coaches und MFT-Leitungen in ihren jeweiligen Trägern, sondern auch Mitglieder im Bundesvorstand der SPIN-DGVB. Sie setzen sich gemeinsam mit der BAG MFT für die Verbreitung dieser Synergieeffekte und für eine offene, tolerante Gesellschaft ein.
Wir hoffen, dass wir dein Interesse für diese neuen Wege in der pädagogischen Arbeit geweckt haben und du Lust bekommst, eine eigene Entdeckungsreise in deinem beruflichen Kontext zu wagen